Die letzte Schau?

von Brigitte Preissler 2. Februar 2012

Die Galerie Parterre zeigt Werke der Berliner Malerin Herta Müller. Wenn nicht bald eine Entscheidung zur Haushaltslage fällt, könnte dies vorläufig die letzte Ausstellung in der bezirklichen Galerie sein.

Sie meckert nicht, und sie lästert auch über niemanden. Kathleen Krenzlin hält sich konsequent zurück mit allen Äußerungen über die Zukunft der „Galerie Parterre.“ Aber der Frust ist ihr doch anzumerken. Seit über zwanzig Jahren leitet sie die unmittelbar nach der Wende gegründete kommunale Galerie, 160 Ausstellungen mit mehr als 600 Künstlern hat sie realisiert. Und jetzt das: „So lange der Haushalt nicht freigegeben wird, fällt jetzt definitiv Ausstellung für Ausstellung aus.“ 

Schon die derzeitige Schau der Berliner Malerin Herta Müller konnte nur noch realisiert werden, weil die Einladungen und der Katalog bereits gedruckt vorlagen, als unlängst die neue Haushaltslage bekannt wurde (wir berichteten hier und hier). Ob aber die geplante Schau über die Berliner Künstlerfamilie Rösler-Kröhnke, die am 6. März starten soll, oder die für Juli geplante Ausstellung zu Einar Schleef tatsächlich noch zustande kommen, steht in den Sternen. Denn so lange haushaltstechnisch keine Entscheidung gefallen ist, sind Krenzlin bei den Vorbereitungen – die eigentlich genau jetzt beginnen müssten – die Hände gebunden. Die Galerie wird zu 100 Prozent öffentlich subventioniert. 

 

Kunst statt Profit

 

Keine gute Voraussetzung, um sich im Fall einer Schließung für einen spontanen Einstieg ins freie Kunstgeschäft zu entscheiden – die Aufgaben der Galerie Parterre unterscheiden sich nun mal fundamental von der Arbeit privater Galerien, Kunstvereine oder Museen. Denn genau wie alle anderen, von Kürzungen bedrohten kommunalen Einrichtungen des Kulturareals (also die Wabe, das Theater unterm Dach, die Kunstwerkstätten und Jugendtheatertage) hatte die Galerie Parterre es dank der Förderung durch die öffentliche Hand bislang nicht nötig, auf den Geschmack der breiten Masse zu schielen. Und das ist gut so: Ausstellungen zielen hier eben nicht in erster Linie auf möglichst lukrative Vermarktung ab, sondern auf eine angemessene Präsentation von Künstlern, deren Ästhetik sich durchaus auch mal vom Mainstream abheben darf. Einen privaten Galeristen würden solche unprofitablen Extravaganzen schnell in den Ruin treiben. Für die Pluralität und Buntheit der Kunst in Prenzlauer Berg aber sind solche Wagnisse lebensnotwendig. 

 

Gemälde und Zeichnungen, geschult an der Klassischen Moderne

 

Nun ist es vielleicht nicht immer die ganz junge, freche, avantgardistische Kunst, der die Galerie Parterre bevorzugt Aufmerksamkeit schenkt. Wahrscheinlich auch nicht gerade das, was die durchschnittliche Prenzlauer Berger Bevölkerung – also mäßig kunstinteressierte Menschen im Eltern-Alter – hinter dem Wickeltisch vorlockt. Im Zentrum steht eine mittlere Generation von Künstlern, deren Gemälde und Zeichnungen an der Klassischen Moderne geschult sind. Gelegentlich wird mal ein Schriftsteller aus der Lüneburger Heide importiert (wie etwa Arno Schmidt, dessen Ansichten zu Provinz und Großstadt 2011 eine Schau gewidmet war). Vielfach aber geht es um Kunst aus Berlin, etwa in den Ausstellungen von Dorit Bearach oder Herbert Behrens-Hangeler im vergangenen Jahr. 

Oder jetzt eben bei Herta Müller. Die übrigens nichts mit der Schriftstellerin gleichen Namens zu tun hat, sondern sich bloß ärgert, wenn wieder mal ein Zeitungsartikel über die Literatur-Nobelpreisträgerin von 2009 mit ihren Arbeiten bebildert wird. 

 

„Es gibt keine Kunst ohne Naturbezug“

 

Nein, Herta Müller aus Bottrop schreibt nicht, sondern malt. 1955 geboren, studierte sie an der Essener Folkwangschule, seit 1990 ist sie Gastprofessorin an der UdK. Und als Künstlerin enorm produktiv: Fast die komplette Galerie ist mit Werken aus 2011 bestückt. Die meisten zeigen Landschaften und Pflanzen der Toscana, ihrem zweiten Wohnsitz. Wasserspiegelungen, Äste, gelegentlich arbeitet sie auch figürliche Ansätze ein, verbindet malerische und zeichnerische Ansätze. „Es gibt keine Kunst ohne Naturbezug“, sagt sie uns. „Die Landschaft war schon immer da.“ Mit Ausnahme eines einzigen Gemäldes mit dem Titel „11. September 2011“, das unter dem Eindruck des zehnten Jahrestages der Terroranschläge entstand, wird man in den gezeigten Werken vergeblich nach direkten Gesellschaftsbezügen suchen. Was man natürlich eskapistisch, altmodisch, oder auch „nur“ dekorativ – und damit langweilig finden kann. 

Man kann sich aber auch einfach einlassen auf diesen opulenten, funktionslosen, atmosphärischen Farbrausch aus Ölfarben, Wachs oder Gouache. Denn mit ihrer satten Vitalität und Lebenszugewandtheit verbreiten Müllers Arbeiten doch eigentlich genau jenen Optimismus, den man im Kulturareal um die Galerie Parterre gerade am bittersten nötig hat.

Herta Müller, Neue Bilder. Noch bis 26. Februar in der Galerie Parterre, Danziger Straße 101. Geöffnet mittwochs bis sonntags von 14 bis 20 Uhr, Eintritt frei. 

 

 

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