Der Duft neuen Teppichbodens

von Brigitte Preissler 2. September 2011

Seit Januar 2011 wurde die Stadtteilbibliothek am Wasserturm renoviert, am gestrigen Donnerstag war sie erstmals wieder geöffnet. Was hat die Modernisierung gebracht? Ein Testbericht. 

Nun ist sie also wieder geöffnet, die Bibliothek am Wasserturm. Ein gutes halbes Jahr lang wurde im Erdgeschoss des Kultur- und Bildungszentrums Sebastian Haffner gespachtelt, gestrichen, gemauert und geschraubt, renoviert, modernisiert und umgebaut. Eine Finanzspritze aus EU-Mitteln in Höhe von 225 000 Euro machte es möglich, der Bezirk legte noch einmal dieselbe Summe drauf. Fast doppelt so groß wie vorher ist die Bibliothek nun geworden: Auf insgesamt 730 Quadratmetern kann nun gelesen und gearbeitet werden.

Ist die Bibliothek nun tatsächlich einladender, reichhaltiger, nutzerfreundlicher geworden? Wir haben uns das neue Angebot von der Bibliotheksleiterin Anne Rüster erklären lassen – und am gestrigen Tag der Offenen Tür gleich mal alles ausprobiert. 

 

Der erste Eindruck 

Die Tür ist zu! Jedenfalls die alte. Denn der neue Eingang zur Bibliothek befindet sich nicht mehr wie bisher in Haus A, an der Prenzlauer Allee, sondern in Haus B, Richtung Kolmarer Straße und Wasserturm, und dieser zunächst etwas verwirrende Tatbestand wird dem Besucher leider bislang nirgends mitgeteilt. Ist man dann aber erst einmal drin, empfängt einen der zarte Duft frisch verlegten Teppichbodens – und ein heller, freundlicher Servicebereich.

 

Gibt es jetzt mehr Bücher als vorher, und in welchem Zustand sind sie? Welche sonstigen Medien sind vorhanden? 

Die Anzahl der Bücher, Filme, Hörbücher und Musik-CDs in der Erwachsenenbibliothek ist gleich geblieben. Die brandaktuellsten Neuerscheinungen darf man also nicht in erster Linie erwarten, die vorhandenen Bücher sind aber in ordentlichem Zustand. Für den Jugendbereich wurden Neuanschaffungen im Wert von 10 000 Euro gemacht – zur Hälfte Bücher, zur Hälfte neue Medien wie Filme und Hörbücher, so Rüster. 

 

Werden nach der Modernisierung mehr Ausleihgebühren verlangt?

Nein. Ein Jahres-Bibliotheksausweis kostet nach wie vor 10 Euro, ermäßigt 5 Euro, für Kinder ist die Nutzung frei.

 

Wie funktioniert die Ausleihe? Sind Online-Bestellungen möglich?

Die Bücher können wie bisher über den Servicetresen ausgeliehen werden. Neu ist die Ausleihe per „Radio Frequency Identification“: Das funktioniert wie an der Ikea-Kasse, man kann seine Bücher also einfach selbst einscannen und ausleihen. Zusätzlich können über die Internetseite www.voebb24.de Bücher aus allen Bibliotheken in Berlin und Brandenburg – also natürlich auch aus der Bibliothek am Wasserturm – online bestellt werden. Automaten für die Rückgabe stehen aber auch nach dem Umbau außerhalb der Öffnungszeiten nicht zur Verfügung. „Das war aus baulichen Gründen nicht möglich,“ so Rüster. „Das gesamte Gelände wird ja nachts abgeschlossen.“

 

Wie sehen die Arbeitsmöglichkeiten vor Ort aus?

Ein Artikel wie dieser lässt sich im angenehm ruhigen Belletrisik-Bereich problemlos verfassen – jedenfalls, wenn einen der Straßenlärm von der Prenzlauer Allee her nicht stört. Die Arbeitsplätze entsprechen dem gängigen Standard: Einfache Bürotische, einfache Stühle, die Nutzung der PC-Arbeitsplätze kostet für Erwachsene 50, für Jugendliche 25 Cent. Per W-LAN lässt sich das Arbeitsprodukt anschließend problemlos versenden, allerdings werden hier Telekom-Kunden klar privilegiert: Für sie ist das Surfen nämlich kostenlos – bei allen anderen wird die Nutzung auf der nächsten Telefonrechnung zu Buche schlagen. 

 

Was hat die Zusammenlegung des Kinder- und Erwachsenenbereichs gebracht?

Die Kinderbücher befinden sich im Eingangsbereich – was den klaren Vorteil hat, dass man seine nach Lesefutter plärrenden Sprösslinge nicht erst durch die komplette Erwachsenenbibliothek schleusen muss. Elternfreundlich ist die Bibliothek dadurch allemal: Während sich der Nachwuchs in der Kinderecke vergnügt, kann man sich selbst in aller Ruhe zu den Sachbüchern verziehen. „Jedenfalls, wenn man seine Aufsichtspflicht dabei nicht vernachlässigt,“ schränkt die Bibliotheksleiterin ein. Von einer echten Familienbibliothek kann man mit Fug und Recht sprechen: Wer sich einmal als Kind an die Bibliothek gewöhnt hat, kann sie als Jugendlicher und Erwachsener gleich weiter nutzen. 

 

Die Altersgruppe ab 13 soll fortan besonders angesprochen werden – gerade dafür flossen jedenfalls die EU-Gelder. Wie wird das umgesetzt? 

Die Bücher, Filme, Comics, Zeitschriften und Hörbücher aus dem neu geschaffenen Jugendbereich entstammen teilweise den ehemaligen Kinder- und Erwachsenenbibliotheken, so Rüster; darüber hinaus wurden aber auch neue Titel im Wert von 10 000 Euro angeschafft. Ein bisschen leer wirken die Regale bislang zwar trotzdem noch, der Bereich für Kleinkinder ab 3 ist deutlich besser bestückt. Aber dafür gibt es für die Älteren einen neuen Projektraum mit Internetbereich, in dem ohne Not eine Schulklasse Platz findet – und tatsächlich kooperiert die Bibliothek ja bereits mit 6 Grundschulen, zwei bis drei Gruppen arbeiten täglich am Vormittag hier. Auf neongrünen Chill-Säcken können sich die Jugendlichen anschließend erholen, in Zeitschriften wie „Musikexpress“ oder „Mädchen“ blättern oder Joe Saccos grandiosen „Bosnien“-Comic lesen.

 

Was unternimmt die Bibliothek in Sachen Leseförderung? 

Derzeit kooperiert die Bibliothek mit 15 Kitas und 6 Schulen – beispielsweise bei Vorbereitungen zum Vorlesewettbewerb. Auch die Allerkleinsten können sich bei Eltern-Kind-Nachmittagen schon mal mit dem „System Bibliothek“ und den hier vorhandenen „Spielzeugen“ vertraut machen  – entsprechende Anmelde-Listen liegen im Kinderbereich an der Ausleihe aus.



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