Der Büffel kommt als Wildschwein

von Brigitte Preissler 5. Mai 2011

Im Dock 11 haben heute die beiden Solo-Tanzstücke „Nearby Buffalo“ von Anuschka von Oppen und „memory/such mich“ von Katja Scholz Premiere. Wir waren bei den Proben. 

 

Katja Scholz hat ihr Zelt im Dock 11 aufgeschlagen. Das ist wörtlich gemeint: Es ist blau-grau und befindet sich auf der Tanzfläche, auf der heute Abend die Premiere ihrer ersten eigenen Solo-Choreografie „memory/such mich“ stattfinden wird. „So ein Zelt verbreitet eine schöne Ferienstimmung“, sagt die 1976 in Guben bei Cottbus geborene Tänzerin bei einer der letzten Proben am Mittwoch. „Außerdem lässt es sich gut von innen ausleuchten.“ Mit der daneben liegenden Luftmatratze, dem Diaprojektor und der Malerfolie wird sie vermutlich auch noch allerlei Interessantes vorhaben.

 

Der Titel ihres autobiografischen Stücks bezieht sich auf das alte Spiel, „Memory“, in der DDR hieß es „Such mich“. „Es erzählt von Erinnerung und Identität,“ erklärt Scholz, die an der Folkwang Hochschule in Essen Tanz studierte. „Es geht um mich und meine Familie, um meine Eltern und Großeltern. Auch um die Liebe. Die Luftmatratze ist so etwas wie mein Tanzpartner.“ Ein Tänzer aus Fleisch und Blut würde sich vermutlich auch kaum so widerstandslos von ihr bespringen lassen wie das quietschende Gummiding: Mehrfach wirft sie sich bäuchlings mit solchem Schwung darauf, dass sie damit meterweit auf dem Boden entlang rutscht. Diaprojektionen flackern auf den bröseligen Innenwänden der Tanzhalle, mal sind darauf zwei Panzer, dann wieder zwei Kinder zu sehen. Solche Doppelungen seien eine Art Leitmotiv, sagt die Choreografin; übrigens hat sie eine Zwillingsschwester.  

 

Das Fell als Todessymbol

 

Als sie gerade noch überlegt, wie und wann welche Musik am besten passt – Vladimir Vysockij, P. J. Harvey oder Richard Sandersons „Dreams are my Reality“ – kommt Anuschka von Oppen herein. Sie stammt aus Los Angeles und ist die Choreografin und Tänzerin des zweiten, etwa vierzigminütigen Stücks „Nearby Buffalo“, das heute Abend zu sehen sein wird. Scholz und von Oppen kennen sich seit ihrer gemeinsamen Zeit an der Tanzbühne „Halle“ in der Eberswalder Straße, wo beide vor einigen Jahren in Toula Limnaios‘ Produktionen mitarbeiteten. 

 

Im Dock 11 benutzt nun auch von Oppen ein ziemlich originelles Requisit: Ein echtes Wildschweinfell nämlich. Zwar habe sie sich zunächst ein wenig davor gefürchtet. Als Todessymbol fand sie es dann aber doch so passend, dass sie sich überwand, erzählt sie und streichelt es vorsichtig. Anuschka von Oppen hat in New York Tanz studiert, später unter anderem in Brüssel, in Hans van den Broecks Kompanie „Soit“ mitgearbeitet.

 

In „Nearby Buffalo“ will sie nun von Wildnis, Einsamkeit und bedrohlichen Naturerlebnissen erzählen, Cormac McCarthys Roman „Die Straße“ hat sie sehr beeinflusst. „Es geht um einen Jäger, der zum Gejagten wird“, sagt sie. Zu einer Art Büffel – so legt es zumindest der Titel nahe. In einem echten Büffelfell allerdings würde die zierliche von Oppen sicher restlos versinken. Und wie gut das Ganze auch mit Wildschwein funktioniert, wird sich ja heute Abend zeigen. 

 

Premiere heute um 20.30 Uhr im Dock 11, Kastanienallee 79. Weitere Vorstellungen am 6., 7. und 8. Mai, ebenfalls um 20.30 Uhr. Tickets zwischen 8 und 15 Euro unter ticket@dock11-berlin.de oder werktags ab 15 Uhr unter der Telefonnummer 4481222.



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