Volksbühne beendet Zwangspause im Prater

von Redaktion der Prenzlauer Berg Nachrichten 9. Mai 2011

Der Baustopp wegen ungeklärter Eigentumsansprüche bleibt – das Theater setzt seine Zuschauer stattdessen vor die Tür. Sie sollen durchs Fenster schauen.

Als Bauarbeiter in der vergangenen Woche auf dem Bürgersteig vor dem Prater-Haus in der Kastanienallee ein Gerüst aufstellten, da konnte man dies leicht fehlinterpretieren: Ist der vor knapp einem Jahr verhängte Baustopp für die Theaterspielstätte aufgehoben worden? Erst eine Anfrage bei Pankows Bezirksstadträtin Christine Keil (Linke) bringt Klarheit: Nein, nach wie vor werde im Prater nicht gebaut, erklärt Keil, aber die Volksbühne versuche, durch „kleinere Maßnahmen eine eingeschränkte Nutzung hinzukriegen“.

Tatsächlich spielt der Prater als Dependance der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz ab Ende dieser Woche wieder eine Rolle. Weil der Theatersaal wegen des ausgesetzten Umbaus aber immer noch nicht bespielt werden kann, setzt die Volksbühne ihre Zuschauer vor die Tür. Die Schauspieler werden im Foyer Henrik Ibsens „Wildente“ aufführen, die Zuschauer sollen durch die Fenster des Foyers schauen und draußen auf dem Gerüst ausharren. „Sie bekommen auch Kopfhörer, damit die Nachbarn nicht beeinträchtigt werden“, sagt Volksbühne-Sprecherin Heike Sobisiak – und vergisst dabei die Kastanienallee-Baustelle gegenüber, die ungestörtes Theatervergnügen ebenso trüben könnte.

 

Der Prater soll für das Theater wiederbelebt werden

 

Eintritt wird für das Stück nicht verlangt, das entweder in einem 12- oder in eine 24-Stunden-Zyklus gezeigt werden soll. Nur die Spieltermine stehen schon fest: An jedem Tag zwischen dem 13. und 28. Mai. „Das ist nur der Anfang, um den Prater wieder zu beleben, und es ist auch für die Künstler eine schöne Möglichkeit, sich zu präsentieren“, sagt Sobisiak.

Eigentlich hätte der Prater schon Ende dieses Jahres in alter Pracht als Nebenspielstätte wieder eröffnet werden sollen. Doch daraus wurde nichts – wegen ungeklärter Eigentumsverhältnisse. Seit 1995 war das ehemalige Kino in Prenzlauer Berg vor allem für Aufführungen benutzt worden, die mit dem Adjektiv „innovativ“ und dem Namen René Pollesch verbunden waren. Um die kulturelle Bedeutung der Spielstätte zu würdigen und langfristig zu sichern, hatte der Bezirk Pankow 2007 begonnen, das Theaterhaus für 5,6 Millionen Euro zu sanieren. Vier Millionen davon wurden bis August vergangenen Jahres ausgegeben, dann sah sich Stadträtin Keil gezwungen, einen Baustopp zu verhängen.

 

Über die Rückübertragungsansprüche wurde noch nicht entschieden

 

Der Grund war eine Mitteilung des Bundesamts für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, nach der es noch nicht beschiedene Rückübertragungsansprüche für das gesamte Prater-Gelände mitsamt Biergarten gibt. Es geht dabei um Ansprüche, die die Jewish-Claims-Conference (JCC) bereits Anfang der 90er Jahre auf das Aktienvermögen der ehemaligen Schultheiss-Brauerei geltend gemacht hatte. Die JCC vertritt seit 1951 die Interessen von jüdischen Eigentümern bzw. deren Erben. Im Fall der Schultheiss-Brauerei ist zum Beispiel bekannt, dass zum Zeitpunkt der Enteignung durch die Nationalsozialisten mehrere leitende Angestellte jüdischer Herkunft Aktienpakete besaßen. Weil diese Rückübertragungsanträge bis heute nicht beschieden sind, hätte der Bezirk mit den Baumaßnahmen auf dem Prater-Gelände gar nicht beginnen dürfen. Beim Bundesamt für offene Vermögensfragen war am Montag keine Auskunft zu der Frage zu bekommen, wann über die Ansprüche entschieden wird.



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