Schön geschrieben

von Thomas Trappe 11. März 2013

Drei Prenzlauer Berger Verleger machen Bücher, liebevoll illustriert und individuell bis ins letzte Detail. Seit sieben Jahren. Bald soll es mehr geben als die schwarze Null in der Bilanz.

Am Ende des Gesprächs ist man Räucherware. Die Jeans, der Pullover, die Socken, der Zigarettenrauch hat sich allem bemächtigt. Die drei Verleger rauchen, als gebe es kein Morgen, im Hintergrund wird die Runde beobachtet von Miniatur-Monstern, vermutlich aus Asien und Kautschuk, die von einem Ikea-Schrank herab stoisch starren. Ein Blumenersatz, so ein Verlagshaus darf ja nicht leer stehen. Verlagshaus, das dachte man zuvor, sei ein Verlag und ein Haus – es ist aber nur ein Verlag und ein Gewerberaum, Küche und Klo hinten. Um die Beschreibung komplett zu machen: Tisch, Stühle, Tisch, Couch, Fenster, Ascher. Und auf einem Side-Board schöne Bücher. Und um die geht es hier. Um Bücher des Verlagshauses J. Frank in der Chodowieckistraße.

Johannes Frank, Andrea Schmidt und Dominik Ziller sind „alle um die 30″, und gut aufeinander abgestimmt. Schick-lässig, etwas angefeiert. Vor sieben Jahren fanden sich Frank und Ziller. „Wie man sich hier halt findet“, sagt Frank, was heißt, dass er sich nicht mehr recht erinnert. Beide waren damals noch in der Endphase ihres Studiums, und beider Studiengänge hatten mit Literatur so mäßig bis nichts zu tun. Frank: Anglistik, Amerikanistik und Theologie, geboren in Kiel; Ziller: Kommunikationswirt und vorher Ausbildung zum Mediengestalter, geboren in Würzburg. Vor sieben Jahren trafen sich beide, Frank mit einer Liebe zu Texten, Ziller als professioneller Designer. Die Idee, einen Kleinstverlag zu gründen, war geboren und recht schnell umgesetzt. Und es ging los mit einer Zeitschrift. 

 

Lyrikvermittlung endet bei Bachmann

 

Das Teil heißt „Belletristik. Zeitschrift für Literatur und Illustration“, und sie wurde zunächst quartalsweise, später jährlich rausgebracht. Johannes Frank zeigt die aktuelle, zwölfte, Ausgabe, denn mit ihr ist ganz gut erklärt, was Verlagskonzept ist. Lyrik und Illustration, gleichberechtigt und sich gegenseitig ergänzend, füllen das diesmal in schwarz und grün gehaltene Heft. Redaktionelle Inhalte von den Verlegern finden sich keine – das galt auch für jede vorherige Ausgabe. Das Heft, das eigentlich ein dünnes Buch ist, soll Forum sein für Texte, die heutzutage kaum noch stattfinden, sagt Frank. „Lyrikvermittlung hört ja in Deutschland bei Ingeborg Bachmann auf, wenn sie überhaupt ins 20. Jahrhundert reicht.“ Modernen Autoren eine Plattform zu geben, ist der Anspruch des Verlags. Und so ein Forum sollte schick aussehen, damit es wahrgenommen wird.

Die Zeitschrift war nur der Anfang. Es folgten Lesungen, „mehr als Wasserglas-Lesungen“, sagt Frank. Mit Autoren, die nicht nur lesen, sondern auch erklären, warum sie schreiben. „Damit kriegt man einen anderen Zugang zum Publikum.“ Bei einer der Lesungen lernten Frank und Ziller schließlich Andrea Schmidt kennen, die an der Bauhaus-Hochschule in Dessau Kommunikations- und Interface-Design studiert hatte und fortan den Verlag mit ihrem besonderen Blick auf Typografie unterstützte. Das Team war komplett. 

 

Fast erwachsen 

 

Aus dem Zeitschriften-Verlag ist inzwischen ein Buchverlag geworden, dessen aktuelles Programm immerhin selbst schon ein kleines Heftchen füllt. Fünf Programme gibt es. „Die Schmuckstücke“, so heißt es in der Selbstbeschreibung des Verlags, erscheinen in der „Bibliothek Belletristik“. Hardcover, schweres prägfreudiges Papier für „das haptische Vergnügen“. Das Zusammenspiel von Schrift, Illustration und Typografie stehe im Vordergrund – „von Fetischisten für Fetischisten“.

Daneben die etwas preisgünstigere „Edition Belletristik“ in Klappenbroschur und die „Edition Panopticon“, bei der die grafische Gestaltung im Vordergrund steht. Und schließlich die „Edition Polyphon“: Hier veröffentlichen internationale Lyriker – einer der Vorzeigeautoren ist hier gerade der Brasilianer Ricardo Domeneck. In Südamerika laut Frank ein kleiner Popstar, für Deutschland eine Entdeckung, die langsam in der Literaturwelt wahrgenommen werde. Das sei auch Zeichen, dass das Verlagshaus J. Frank den Kinderschuhen entwachsen ist. „Wir sind raus aus dem Entwicklungsstadium“, sagt Dominik Ziller.

 

Lyrik reimt sich nicht auf Geld

 

Was nun freilich nicht heißt, dass der Verlag Geld abwirft. Immerhin, er trägt sich, „nur für uns bleibt halt nichts übrig“, sagt Johannes Frank. Alle drei Geschäftsführer haben noch andere Jobs, zum Beispiel als Dozenten. „Ohnehin muss man, wenn man hauptsächlich Lyrik verlegt, sich von dem Gedanken verabschieden, dass man davon reich werden kann“, sagt Frank. „Für uns ist Geld dazu da, etwas damit zu machen.“ Soll heißen: Bücher zu machen. „Auf absehbare Zeit wollen wir aber natürlich Geld verdienen.“ Auch die Autoren sollten nicht mit allzu großen Verdiensthoffnungen an den Verlag herantreten. Vorschüsse gibt es keine, und Erlöse werden solidarisch zwischen den Autoren aufgeteilt. 

Da Autoren meist Zicken sind, müsste da eigentlich von größeren Befindlichkeitskriegen ausgegangen werden – fantastischerweise zu Unrecht, sagt Frank. Autoren würden abseits der etablierten Verlagswelt gesucht. Gelockt werden können sie durch die hochindividuelle Betreuung. Weitgehende Einbeziehung von Autoren bei der Buchgestaltung ist abseits der Textarbeit in Verlagen ja die Ausnahme – die Arbeitsweise des Prenzlauer Berger Kleinstverlags kann da eine reizende Alternative sein. „Autoren leben sowieso nicht hauptsächlich vom Buchverkauf“, sagt Andrea Schmidt. „Sondern von Lesungen, Stipendien und Preisen.“

Derzeit bereitet sich das Verlagshaus auf die Leipziger Buchmesse vor, mit vier Autoren wird man dort beim Lese-Festival teilnehmen. Wer nicht bis nach Leipzig fahren will, kann sich kurz vor der Messe aber auch eine Lesung in der Kulturbrauerei zu Gemüte führen: In der Literaturwerkstatt lesen am 12. März die Autoren aus ihrem aktuellen Programm.

 

Die Homepage des Verlagshauses

 

 

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