Und, wie erziehst Du so?

von Redaktion der Prenzlauer Berg Nachrichten 29. Januar 2014

Vergessen Sie die Dinkelkeks-Bugaboo-Klischees. Hier ist die wahre Wahrheit über Eltern in Prenzlauer Berg. Wissen Sie eigentlich, welcher Elterntyp Sie sind? Nein? Dann sind Sie hier goldrichtig.

Über uns Prenzlauer Berger Eltern scheint ja in der gesamten Republik jeder genauestens Bescheid zu wissen: Nachwuchsfixierte Bio-Langweiler sollen wir sein, angeblich versperren wir mit unseren schweineteuren Kinderwagen allerorts die Bürgersteige etc. Stereotypes Gewäsch! In Wirklichkeit leben wir doch ganz anders, nicht wahr? Deshalb ist unser Eltern-Test auch viel, viel differenzierter als diese unausgegorenen Lattemacchiato-Klischees. Testen Sie also hier, welcher Typ Sie sind – damit Sie den Vorurteilen endlich wirkungsvoll Paroli bieten können. Zusammengestellt von unseren Autoren Brigitte Preissler, Christiane Abelein und Matthias Heine.

 

Typ 1: Die Vorfreudigen. Auch: KiHuCos (Kid Hunting Couples)

Dieser Prototyp der Spezies Eltern ist höchstens Mitte Dreißig und hat damit das gebärfähige Alter für hiesige Verhältnisse bei weitem noch nicht erreicht. Doch KiHuCos können ihre Mama- und Papawerdung einfach nicht erwarten. Mit prallvollen Geschenktüten stürzen sie sich deshalb auf jedes Nachbarskind, das nicht bei drei auf den Bäumen ist, und überschütten es mit den neuesten Bärchen und Kleidchen. Allabends klingeln sie bei einem, angeblich um den Akkuschrauber oder Korkenzieher auszuleihen. So bald man ihnen öffnet, schubsen sie einen ins Treppenhaus: „Wir passen schon auf die Kleinen auf. Geh doch mal wieder aus!“ Dann knallen sie einem die Tür vor der Nase zu und ziehen den Telefonstecker raus, um endlich mal einen Abend lang ungestört Elternsein üben zu können. Obwohl KiHuCos die Pille aus beruflichen Gründen noch nicht abgesetzt haben, stehen Kombi und Lastenrad längst vor ihrer Haustür. In ihr familienfreundliches Heim (die zwei Kinderzimmer sind schon fix und fertig eingerichtet) laden sie einen stets gern zum Kaffee ein. Aber nur, wenn man die Kinder mitbringt. Und zwar alle. (bp)

 

Typ 2: Die Entspannten

Keine Läuseplage, kein Rotavirus und keine Mittelohrentzündung bringt diese Eltern aus dem Lässig-Modus. Geimpft sind ihre Kinder eh gegen gar nix, Pieksen tut schließlich weh und Kranksein härtet ab. Sie vertreten den Standpunkt, dass man die Köpfe seines Nachwuchses unter gar keinen Umständen (jawohl: auch nicht bei akutem Kita-Alarm) auf Läuse absuchen sollte, Kinder mögen das Gefummel am Kopf nun mal nicht. Zum Morgenkreis kommen ihre Sprösslinge niemals pünktlich, denn die Familie schläft mindestens bis 11. Wenn die Kinder dann kurz vor dem Mittagschlaf eintrudeln, sind ihre Hosenböden meistens etwas feucht („Ich hab ihn doch erst gestern nachmittag gewickelt!“), an ihren Shirts hängt der Brei von vorgestern – zu viel Hygiene löst bekanntlich Allergien aus. Selbst wenn ihr Kind einem anderen mal eine reinhaut, ist das für Typ 2-Eltern kein Grund zur Besorgnis. Schließlich müssen die Kleinen lernen, Konflikte verantwortungsvoll und selbständig untereinander auszutragen. Zufrieden klopfen Mama und Papa sich gegenseitig auf die Schultern, wenn ihr Kleines im Buchladen mal wieder die Neuerscheinungen vollkritzelt: Was für ein fantasievolles, kreatives Kind sie doch haben! (bp) 

 

Typ 3: Die Strengen

Ihr ganzes Leben dreht sich um eine Angst: Sie wollen auf gar keinen Fall solche typisch luschig überforderten Typ-2-Eltern werden, die ihrem Blag, das gerade die Kita in Brand gesteckt hat, bestenfalls drohen: „Leonhard, wir hatten doch eine Abmachung, oder? Der Flammenwerfer bleibt zu Hause!“ Deshalb fangen Typ 3-Eltern schon an, ihre Kinder anzuschreien, bevor die Kinder selbst mit dem Schreien beginnen. Die Kunst des Präventivschreis haben sie perfektioniert: Sobald sich die Kinder etwas Zerbrechlichem oder Schmutzigem auch nur nähern, geht es los. Ihre Sprösslinge erkennt man daran, dass sie alles sofort fallen lassen, wenn Mama und Papa auch nur den Mund aufmachen. Im Kindergarten und in der Schule sind diese Eltern bei Konflikten immer auf der Seite des Erziehers oder Lehrers – vorausgesetzt, er ist streng. Und streng genug kann er ihnen eigentlich nie sein. Das Verbot der Prügelstrafe halten sie für die größte gesellschaftliche Fehlentwicklung der letzten 100 Jahre. In den Schulen gibt es ihrer Meinung nach immer zu viele Ausflüge: „Die Kinder sollen lieber lernen, stillzusitzen und sich zu konzentrieren.“ Angst halten sie für einen zu Unrecht in Verruf geratenen guten Ratgeber, deshalb warnen sie ihre Kinder ständig: Vor Süßigkeiten, Weißbrot und Butter (machen fett und krank), vorm Rauchen (macht dünn und krank), vor Rauchern (alles Asoziale) und vor der Hölle. Früher hätten solche Eltern ihre Kinder auf kirchliche Schulen geschickt, aber die Kirchen sind ihnen längst zu lasch. Sie warten auf die Einführung von Militärakademien auch in Deutschland. Bis dahin bleibt ihnen als einziger täglich erträumter Ausweg – nachdem Baden-Württemberg jetzt auch an die Linken gefallen ist – die Auswanderung nach Bayern. (mh)

 

Typ 4: Die Arbeitsliebenden

Die Streitereien, in die diese Mamas und Papas einander allmorgendlich verwickeln, laufen stets nach dem gleichen Schema ab: „Heute holst Du Konstantin ab!“ – „Nein Du!“ – „Nein Du!“ – „Du!“ – „Du!“ usw. Auch Erzieher werden von ihnen oft beschimpft, falls diese sich weigern, Konstantin nach Kitaschluss mit zu sich nach Hause zu nehmen. Ein- bis zweimal pro Woche kommt es vor, dass Konstantin abends in der Kita vergessen wird. Was soll man machen, es kam halt mal wieder ein/e wichtige/s Meeting/Telefonkonferenz/Geschäftsessen dazwischen. Am Wochenende wird Konstantin (er ist übrigens Einzelkind) meist unbeaufsichtigt im „Kiezkind“ oder im Spielcafé in der Schliemannstraße abgesetzt, weil Mama und Papa sich mit ihren Geschäftspartnern in Hamburg treffen müssen. Zum 1. Geburtstag kriegt Konstantin ein eigenes Mobiltelefon, damit er abends kurz Bescheid sagen kann, wo er übernachtet (vgl. Foto). Ähnlich wie Typ 1, stehen auch diese Eltern gern mal abends bei einem vor der Haustür: Konstantin räumt einem dann den Kühlschrank leer, während sie schnell noch ein dringendes Telefonat erledigen. Anschließend muss man höllisch aufpassen, dass sie Konstantin auch wirklich wieder mitnehmen. Denn später kommt noch der Chef/Arbeitskollege/Personal Trainer zu ihnen nach Hause. Und wer, zum Teufel, soll Konstantin dann ins Bett bringen? (bp)

 

Typ 5: Die Vorzeige-Väter

Vorzeige-Väter wollen eigentlich nicht als solche bezeichnet werden. Für sie ist es ganz normal, wenn sie statt der weitverbreiteten zwei acht Monate im Job aussetzen. Sie wollen schließlich auch was vom Kind haben. Naja, und außerdem verdient die Mutter des gemeinsamen Kindes mehr, aber das spielt wirklich überhaupt keine Rolle. Noch wichtiger ist den Vorzeige-Vätern, die Elternschaft so gleichberechtigt wie möglich zu leben. Deshalb reden sie der Mutter den Wunsch vom Stillen schnell aus. „Geh doch mal wieder auf ne Party!“, flüstern sie ihr wohlmeinend zu, „ich geb Marileen ein Fläschchen!“ Und zack, biste raus als Mama. Auch im Haushalt haben die Frauen bald wenig zu melden. Väter dieses Typs kochen, trennen die Wäsche in hell und dunkel, und wissen auch, dass die zwei Nähte an Strumpfhosen nach hinten gehören. Wenn die Familie verreist, schaffen die Vorzeige-Väter es, die Anzahl der Koffer von üblicherweise drei auf einen zu reduzieren. Wenn dann der Schlafsack fürs Kind nicht dabei ist, plädieren sie für mehr Gelassenheit. Man könne ja vor Ort alles kaufen. „Und wirklich, Mara, früher warst Du irgendwie spontaner!“ (ca)

Hier weiterlesen im Teil 2 mit den Prenzlauer Berger „Elterntypen 6 – 10“, u.a. mit den Unersättlichen, den Wochenend-Papas und den Engagierten. 

 

Hier geht es zu den Kommentaren.

 

Teil 1: „Und, wie erziehst Du so?“ 

Teil 2: Welcher Elterntyp sind Sie?

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