Stadtreparatur für 4000 Euro/qm

von Thomas Trappe 24. November 2015

Auf der Fläche des Supermarktes in der Gotlandstraße sollen teure Wohnungen entstehen. Lustig zu sehen, wie peinlich das den Machern ist.

Pressemitteilungen aus der Immobilienhölle, das ist jene mit dem glitschigen Boden: „Ein Stück Stadtreparatur“, steht da wirklich, sei das in der Gotlandstraße 6 geplante Bauprojekt „Gotland“, weil dort an „die Stelle des barrackenähnlichen Supermarktes und der unansehnlichen Brandwände“ etwas mehr als 130 Wohnungen entstehen sollen, zum Preis von mindestens 4000 Euro pro Quadratmeter, in die dann „viele Kiezbewohner, die sich nach einer modernen und hellen Wohnung sehnen“ beziehen sollen. OK, nicht alles Kiezbewohner: „Auch Kapitalanleger, die ihre Wohnungen anschließend vermieten, werden zu den Käufern gehören.

Der insgesamt zwei Kilo Nippes schwere Text zusammengefasst: Auf der Fläche des Supermarktes in der Gotlandstraße 6 baut die Prenzlauer Gotlandhof GmbH (ja, da fehlt der Berg) mit den Gnädinger Architekten 134 Wohneinheiten für Besserverdiener, die mindestens 3950 Euro für den Quadratmeter zahlen können. Ein- bis Vierzimmerwohnungen auf 7460 Quadratmeter entstehen, zudem ein nach „skandinavischem Vorbild“ (Elche, flaches Land, Fischgrütze, uniformer Schick) gestalteter Innenhof. Ins Erdgeschoss wird der Supermarkt integriert, da kann man dann Eier und Milch gleich nebenan kaufen, wie in einem schwedischen Dorf! Im März nächsten Jahres soll gebaut werden, Fertigstellung ist für Ende 2017 geplant. Schon in diesem Monat soll ein „Showroom“ in der Gotlandstraße eröffnen.

 

Nicht einfach, sondern einfach und teuer

 

Grundsätzlich: Es ist nichts Unanständiges dran, wenn ein Bauherr teure und schicke Wohnungen bauen will. Und dass er versucht, sie so teuer wie möglich zu verkaufen, ist nicht nur okay, sondern geradezu vernünftig. Nur wartet man noch auf die dazugehörige Mitteilung, die nicht klingt, als dächten die Planer selbst, sie müssten hier eigentlich Schweinekram bestmöglich kaschieren.

Denn nein, wahrscheinlich stört sich kaum einer an der Supermarktbarracke und an den Brandwänden in der Gotlandstraße. Und es ist den meisten Prenzlauer Berger wohl auch relativ wumpe, dass „neues Leben auf der Brache einkehren kann“. Und kann mal bitte, so ganz generell, damit aufgehört werden, schwedisches Design als „zurückhaltend und einfach“ zu beschreiben, wo man doch eigentlich teuer und einfach meint? Und könnte man in dem Zuge gleich mal klarstellen, dass das skandinavische Konzept mit „individuellen Gartenhäusern“ so viel zu tun hat wie eine Schuluniform mit der Fashion Week? Und, wenn wir gerade dabei sind, wer kann sagen, welches einzige Wort in dem Satz des Bauherrn Hubertus Hiller – „Mit dem Gotland betreiben wir ganz bewusst ein Stück Stadtreparatur“ – nicht inhaltsloser Maklersprech ist?

Die Häuser an sich sind ja ganz nett (siehe oben). Wer das Geld hat, kann es sich also ruhig mal anschauen.

 

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