Schule beginnt später

von Juliane Schader 4. September 2013

Jedes zehnte Kind kommt in Pankow ein Jahr später in die Schule als vorgesehen. Das geht aus dem aktuellen Einschulungsbericht hervor. Zudem sind zu wenige Kinder gegen Masern geimpft.

Im Bezirk Pankow hat sich die absolute Zahl der von der Einschulung zurückgestellten Kinder in den letzten fünf Jahren verdreifacht. Das geht aus dem Einschulungsbericht für das vergangene Schuljahr hervor, den das Bezirksamt heute vorgelegt hat.

Waren es zum Schuljahr 2007/08 noch 127 Kinder, die noch ein Jahr bis zum ersten Schultag warten sollten, liegt der Wert für 2012/13 bei 405. Auch wenn man die stetig steigende Kinderzahl im Bezirk berücksichtigt, ist die Zunahme signifikant: 2007 wurden 4,4 Prozent der Kinder zurückgestellt; 2012 waren es 11,1 Prozent. Gründe für den Anstieg suchen Kritiker in der frühen Einschulung in Berlin. Während in anderen Bundesländern der Stichtag im Sommer liegt, werden in Berlin alle Kinder eingeschult, die bis zum 31. Dezember ihren sechsten Geburtstag feiern.

Auch Pankows Schulstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD) sieht die frühe Einschulung mit für die hohen Rückstellungszahlen verantwortlich. Ebenso eine Rolle spielen könne das hohe Bildungsbewusstsein der Eltern im Bezirk und die starke Auseinandersetzung mit ihren Kindern. „Eine endgültige Erklärung habe ich aber nicht.“ Für das aktuelle Schuljahr 2013/14 sind die Zahlen der Rückstellungen laut der Stadträtin übrigens noch einmal auf nun 608 Kinder gestiegen.

 

25 Prozent mehr Kinder als 2007

 

Insgesamt 3664 zukünftige Schüler wurden für das Schuljahr 2012/13 in Pankow untersucht, davon 1944 Jungen und 1720 Mädchen. Damit leben 25 Prozent mehr Einschulungskinder im Bezirk als noch vor fünf Jahren. In Prenzlauer Berg sind der Bötzow- und Winskiez besondern kinderreich, während rund um die Michelangelosiedlung, den Anton-Saefkow-Park und den alten Schlachthof verhältnismäßig wenige Kinder gezählt wurden.

Der Einschulungsbericht gibt zudem Aufschluss über die Lebenssituation der Fünf- bis Sechsjährigen im Bezirk: Bei einem Viertel von ihnen leben die Eltern getrennt; zwei Drittel haben ein oder mehr Geschwister. 13,8 Prozent der Einschulungskinder kommen aus Familien mit Migrationshintergrund; zwei Drittel von diesen aus Osteuropa und westlichen Industriestaaten. 50 Prozent aller Eltern sind Akademiker, 40 Prozent haben eine abgeschlossene Ausbildung. Und 99,2 Prozent der Kinder sind vor der Schule in die Kita gegangen, fast 95 Prozent für mehr als zwei Jahre – ein Berlinweit überdurchschnittlicher Wert.

 

Prenzlauer Berger Eltern sind impfresistent

 

Der Gesundheitszustand der Kinder sei insgesamt „gut bis befriedigend“, heißt es in dem Bericht. Es gibt jedoch auch Grund zur Kritik: Zum einen lasse das Interesse der Eltern an Vorsorgeuntersuchungen mit zunehmendem Alter der Kinder nach. Zum anderen sinke die Impf-Bereitschaft.

Besonders Prenzlauer Berger Eltern fürchten offenbar die Folgen einer Impfung mehr, als sie den Nutzen schätzen. So waren im Gleim- und Skandinavischen Viertel ein Viertel der Einschulungskinder nicht gegen Masern geimpft; im Helmholtzkiez waren es 20 Prozent. Mit Verweis auf die zuletzt wieder gestiegene Verbreitung der Krankheit erklärt Zürn-Kasztantowicz: „Ich halte es für ein nicht verantwortbares Verhalten, diesen wirklichen Fortschritt der Medizin nicht nur für die eigenen Kinder nicht in Anspruch zu nehmen, sondern dadurch auch erwachsene Menschen und Säuglinge , die noch nicht geimpft werden konnten, zu gefährden.“

 

Dieser Artikel wurde am 5. September um ein weiteres Statement der Schulstadträtin und die Zahlen für das Schuljahr 2013/14 ergänzt.

 

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