Mein Freund der Baum

von Juliane Schader 21. November 2011

Einhundert Jahre lang stand auf dem Falkplatz eine Kastanie; in der vergangenen Woche wurde sie gefällt. Die Anwohner betreiben nun Trauerarbeit und ärgern sich über das Bezirksamt.

Wenn in Prenzlauer Berg ein Baum gefällt wird, dann ist das eine emotionale Sache – das weiß man nicht zuletzt seit den Diskussionen um die Traubenkirschen. Diesmal hat es eine Kastanie getroffen: Einhundert Jahre lang stand sie auf dem Falkplatz, bis am vergangenen Dienstag die Kettensäge kam. Ein Pilz hatte den Stamm zerfressen und marode werden lassen; um keine Menschen zu gefährden, blieb laut dem Bezirksamt nur noch die Fällung. Jetzt stehen auf dem immer noch von einer Bank umschlossenen Baumstumpf rote Friedhofskerzen.

„Der Baum war identitätsstiftend“, meint Alexander Puell von den Freunden des Mauerparks. Zwar habe man gesehen, dass er krank gewesen sei, aber seine Abholzung sei ohne Vorankündigung erfolgt. „Einfach die Kettensäge rauszuholen ist nicht mehr zeitgemäß.“ Gerade im Mauerpark gebe es doch bereits gute Kommunikationsstrukturen mit dem Amt; warum diese in diesem Fall nicht genutzt worden seien, könne er nicht verstehen.

Mittlerweile haben die Freunde des Mauerparks eine Facebookseite für den Baum angelegt. „Es geht um Trauerarbeit und darum, Geld für einen Ersatzbaum zu sammeln“, meint Puell. Das Amt habe zwar angekündigt, einen neuen Baum pflanzen zu wollen, aber ein junger, kleiner Setzling werde dem Ort sicher nicht gerecht. Zudem bedürfe es einer Baumart mit großer Krone. „Wir unterstützen das Bezirksamt da gerne bei der Finanzierung und wollen darüber hinaus erreichen, dass es bei vergleichbaren Fällen in Zukunft mit der Verständigung besser läuft.“ Wenn man die Bürger früh genug einbinde, fühlten sie sich auch eher verantwortlich für die Pflege und Erhaltung. „Von solchen Synergieeffekten profitiert auch der Bezirk.“

 

Kirchner: „Baum war einer der markanten Bäume des Viertels“

 

Bei Jens-Holger Kirchner (Grüne), Pankows Stadtentwicklungsstadtrat und Herr über das Tiefbau- und Landschaftsplanungsamt, stößt das Engagement der Bürger auf Verständnis. „Die Kastanie am Falkplatz gehörte ebenso wie die Gleditschie am Kollwitzplatz, die Robinie am Teutoburger Platz sowie die Linde und der Silberahorn am Senefelder Platz zu den markanten Bäumen des Viertels“, sagt er. Aus Sicherheitsgründen müssten all diese Bäume gefällt werden, aber er sei durchaus bereit, da in Zukunft früher mit den Anwohnern in Kontakt zu treten. „Das nächste Mal bringen wir auch gerne rechtzeitig Zettel an den betroffenen Bäumen an.“ Laut seinem Vorgänger in diesem Fachbereich, dem Pankower Bürgermeister Matthias Köhne (SPD), seien aber zumindest die Freunde des Mauerparks auch in diesem Fall rechtzeitig informiert worden.

„Eine Baumfällung ist immer auch eine Einzelfallbetrachtung“, meint Kirchner. Berücksichtigt werden müsse nicht nur der Zustand des Baumes, sondern auch, ob gerade Vögel in ihm nisteten. Die Sorgen der Anwohner kämen da noch hinzu. „Aber es ist es wert, dass sich das Amt damit auseinandersetzt.“

Die Kastanie am Falkplatz soll so schnell wie möglich durch einen neuen Baum ersetzt werden, da sind sich die Freunde des Mauerparks und das Pankower Bezirksamt einig. „Wir verstehen, dass kranke Bäume gefällt werden müssen, und dass man nicht bei jedem Baum vorher eine Bürgerbefragung durchführen kann“, sagt Puell. Aber bei einem Baum wie diesem, der so alt sei wie der Platz auf dem er stand und sogar den zweiten Weltkrieg überstanden habe, ohne als Feuerholz zu enden, wäre ein wenig mehr Kommunikation schon wünschenswert gewesen, meint er.

 

 

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