Zwei Stühle, eine Meinung

von Juliane Schader 29. März 2012

Erst sollte das Krankenhaus Prenzlauer Berg schnell abgewickelt werden, dann passiert vier Jahre lang nichts. Zu den Gründen schweigen Senat und Vivantes verdächtig einstimmig. 

Wenn Pressesprecher sprechen, dann tun sie das oft in Sätzen, die Journalisten wie Lesern als glattgebügelte Bandwurmsätze erscheinen. Nehmen wir etwa folgendes Beispiel, in dem sich die Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Gesundheit zur verzögerten Aufgabe des Krankenhauses Prenzlauer Berg äußert:

 

„Die Erweiterung des Vivantes Klinikum im Friedrichshain und die Verlagerung der stationären Betten vom Standort Prenzlauer Berg dorthin hatte der Vivantes Aufsichtsrat in Abstimmung mit der für das Gesundheitswesen zuständigen Senatsverwaltung bereits Ende Februar 2008 aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und zur Sicherstellung einer qualitativ guten Krankenhausversorgung beschlossen.“


So viele Wörter und nur ein Punkt. Vielleicht kann der Chef des Klinikums am Friedrichshain das etwas leserfreundlicher ausdrücken? Mal sehen:

 

„Die Erweiterung des Vivantes Klinikum im Friedrichshain und die Verlagerung der stationären Betten vom Standort Prenzlauer Berg dorthin hatte der Vivantes Aufsichtsrat in Abstimmung mit der für das Gesundheitswesen zuständigen Senatsverwaltung bereits Ende Februar 2008 aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und zur Sicherstellung einer qualitativ guten Krankenhausversorgung beschlossen.“


Interessant: Da ist nicht nur die Tendenz zum Bandwurmsatz vorhanden, sondern auch die zur völlig identischen Satzstruktur. Mal sehen, wie sich dieses Phänomen bei kurzen Sätzen darstellt, die die Stellungnahmen beider ja auch enthielten.

Nehmen wir doch die Gründe, die für die Verzögerung des Krankenhaus-Umzugs genannt werden.

Erst die Sprecherin:

 

„Die Planung des erforderlichen Neubaus hat sich jedoch verzögert.“


Dann der Klinik-Chef:

 

„Die Planung des erforderlichen Neubaus hat sich jedoch verzögert.“


Erstaunlich. So viel verbale Seelenverwandtschaft ist sonst in der freien Natur selten zu beobachten. Doch was sagt uns das jenseits dieses Faszinosums?

Im Jahr 2008 wurde die Abwicklung des Krankenhauses Prenzlauer Berg beschlossen, gegen massiven Widerstand unter anderem aus dem Bezirk übrigens. Schnell sollte damals alles gehen, bis 2011 sollte der erforderliche Neubau stehen, und dann passierte: Nichts. Zumindest nichts, was man von außen sehen konnte und auch nichts, von dem Vivantes oder der Senat sprechen wollen. Statt dessen begründen sie die Verzögerung bei der Planung damit, dass sich die Planung eben verzögert habe. Und das, siehe oben, sehr einstimmig.

Nun ist es ja nicht so, als ob die Prenzlauer Berger ihr Krankenhaus gerne möglichst schnell loswürden. Aber wer von Steuergeldern profitiert sollte doch ein bisschen mehr zu bieten haben als die niedere Kunst des Mauerns.

 

 

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