Politik ohne Bürger im Mauerpark

von Redaktion der Prenzlauer Berg Nachrichten 21. Dezember 2015

Der Senat hat die Verantwortung für die Erweiterung des Mauerparks übernommen. An sich gerissen, sagen einige. Und damit Bürgerbeteiligung verhindert. Das ist Thema des zweiten Teils unseres Jahresrückblicks.

 

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

 

willkommen zum zweiten Teil unseres Jahresrückblicks. Wir haben ein politisches Thema ausgesucht, dass uns auch 2016 noch beschäftigen wird. 

Weil nicht nur Flüchtlinge Unterkünfte brauchen, sondern Wohnungen auch sonst an allen Enden und Ecken fehlen, war das Thema Wohnraum 2015 wieder ein Dauerbrenner. Hier war die Debatte um das Bauvorhaben nördlich des Mauerparks die wohl emotionalste Baustelle.

„Ach Mauerpark, ick liebe dir. (…) Und bin damit nicht allein, Tausende mögen dich und strömen herbei, zum Flohmarkt, zum Mauerpark-Karaoke, oder um einfach bloß im Gras zu liegen.“ Das schrieb der Schriftsteller David Wagner in seinem 2013 erschienenen Band „Mauer Park“. Gut möglich, dass er dem Mauerpark, wie wir ihn kennen, damit auch schon ein Denkmal gesetzt hat. 

 

Erweiterung des Mauerparks und Bebauung im Norden

 

In diesem Jahr sind die Weichen für entscheidende Veränderungen rund um den Park gestellt worden. Das Abgeordnetenhaus hat im Oktober den Bau von knapp 700 neuen Wohnungen auf einem dreieinhalb Hektar großen Areal nördlich des Gleimtunnels beschlossen. Gleichzeitig soll der Park um etwa fünf Hektar in Richtung Brunnenviertel erweitert werden.

 

Vielen gefällt das nicht

 

Der Beschluss für den Wohnungsbau fiel, obwohl die Gegner des Vorhabens innerhalb von knapp vier Wochen über 39.000 Einwände gegen den Bebauungsplan gesammelt hatten. Die Kritiker befürchten, dass eine Bebauung den Anfang vom Ende bedeuten könnte für das fröhliche Treiben im Park, weil die neuen Anwohnern vielleicht keine Lust darauf haben, dass „jede Woche Woodstock ist“, wie Wagner es nennt. 

Andere sind gegen die Bebauung, weil sie sich sorgen, dass das Projekt die Gentrifizierung hier noch weiter befeuert, dass 1.200 neue Anwohner zum Kollaps von Schulen und Kitas führen oder dass sich das Stadtklima durch die Bebauungsdichte verschlechtert. 

 

„Verwaltungstechnische Taschenspielertricks“ 

 

Doch keiner dieser Einwände konnte verhindern, dass es grünes Licht für den Bebauungsplan gab. Im März hatte der Senat das Planungsverfahren, für das bis dahin der Bezirks Mitte zuständig war, an sich gezogen. Damit hatte sich auch ein bereits angekündigtes  Bürgerbegehren gegen die Bebauung erledigt, weil Bürgerbegehren nur auf der Bezirksebene möglich sind. Die Mauerpark-Allianz kritisierte, dass die direkte Demokratie durch einen „verwaltungstechnischen Taschenspielertrick“ ausgehebelt worden sei. 

Dabei gäbe es viel zu besprechen, da es durchaus gute Gründe und Argumente für eine Bebauung nördlich des Gleimtunnels gibt. Doch die Chance, dass sich Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft kritisch, aber konkstruktiv auseinandersetzen, wurde hier vertan. Schade eigentlich. 

 

Erweiterung des Mauerparks 

 

Mit dem Bau der Wohnungen wird nun die seit 25 Jahren geplante Erweiterung des Mauerparks in Richtung Brunnenviertel realisiert. Das Erweiterungsgelände gehört dem Investor des Wohnungsbauprojekts, der Groth Gruppe. Die Groth Gruppe (bzw. auch schon der vorherige Eigentümer) hatte die Freigabe dieser Fläche im Vorfeld an die Erteilung des Baurechts für das Wohngebiet geknüpft. (Weitere Artikel zum Mauerpark finden Sie in unserem Mauerpark-Dossier. )

 

Im ersten Teil unseres Jahresrückblicks ging es um Flüchtlinge und die Helfer hier vor Ort. Im dritten Teil unseres Jahresrückblick dann ganz narzisstisch um uns.

 

 

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