Jägerschnitzeltest, Teil 1: Fleischerei Gottschlich

von Thomas Trappe 10. Dezember 2012

Das fängt schon mal gut an. Beim Essen schaut man auf Schweinehälften. Doch ist in der Soße etwa Curry?

Die Feinkost-Fleischerei Gottschlich ist eine Prenzlauer Berger Institution, seit sechs Generationen holen die Gottschlichs das beste raus aus der Sau. Sie garantieren bei der Verarbeitung ihrer Fleisch- und Wurstwaren den Verzicht auf Antibiotika, Medikamente und Leistungsförderer – kann man ja machen, ist aber für das Jägerschnitzel nicht von Vorteil. Ein echtes Jägerschnitzel ersetzt eine gute Dosis Aspirin. Sei es drum, hier stimmt trotzdem erst einmal alles. 

Die Gottschlichs setzen auf das Schwäbisch-Hällische Landschwein, das hat einen guten Ruf, mit  Grund: Das Jägerschnitzel schmeckt irgendwie tatsächlich nach Schwein. Eigentlich gäbe es dafür Punktabzug, aber der Panade- und Tomatensaucen-Geschmack überdeckt das Ganze in vorzüglicher Weise, so dass ruhig gelobt werden soll. Die Konsistenz des Schnitzels ist wie sie sein soll. Durch die fettig-knusprige Hülle hauen meine Zähne sich in den schön labbrigen Innenteil der Kruste, um schließlich an der schön glatt geschnittenen Wurstscheibe ihr finales Werk zu tun. Ein Traum. Und gleich noch ein paar Nudeln hinterher. 

 

Gleich einem Diamanten bei Cartier

 

Das Ambiente bei Gottschlichs stimmt. Umgeben von Fleischwaren aller Art führe ich mir das Schnitzel zu, die offene Tür hinter der Ladentheke gibt den Blick frei auf Schweinehälften, die ihrer weiteren Zerlegung harren. Ein Jägerschnitzel sollte man am besten im Schlachthaus essen, das hier ist ein erster Schritt. Auch die Darbietung stimmt. Die dutzend Jägerschnitzel werden hinter einer Glasscheibe neben anderen Würsten und Buletten angepriesen und beleuchtet, gleich einen Diamanten bei Cartier.

Die Nudeln: perfekt. Soll heißen: Genug und nicht zu italienisch. 

Ein kleines Minus kriegt die Soße. Die Konsistenz stimmt, die Säure gemahnt an einen lauen Sommerabend in der Toskana, bzw. den guten Born-Ketchup. Doch am Ende eine schlimme Befürchtung: Ist da Curry dran oder irgendeine andere Südfrucht? Ich kann es nicht sagen, zur Rede stellen will ich niemanden – doch der schlimme Verdacht bleibt. Früher gab’s auch kein Curry!

 

Fazit

Das Jägerschnitzel in der Fleischerei Gottschlich hat seinen Namen verdient. Viel gibt es hier nicht zu verbessern. Dem Essen hätten vielleicht noch 20 Sekunden mehr Mikrowelle gut getan und für die Soße sollte der Grundsatz „Keine Experimente“ strenger angewendet werden. Mit drei Euro bietet die Fleischerei Spitzen-Qualität zum echten Freundschaftspreis.

 

Fleischerei Gottschlich, Prenzlauer Allee 219, geöffnet Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr, samstags bis 13 Uhr. Homepage

 

Lesen Sie hier den zweiten Teil unseres Jägerschnitzeltests: Zollkantine.

Sie fragen sich, was das hier soll? Lesen Sie hier, warum das Jägerschnitzel (Ost) ein Kulturgut ist und bleiben muss.

 

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