Wo Prenzlauer Berg am gefährlichsten ist

von Kristin Freyer 5. März 2012

Die großen Kreuzungen in Prenzlauer Berg sind für Radler und Fußgänger oft gefährlich. Diese Unfallschwerpunkte kann man durch Umbau aber leicht entschärfen. Beispiel gefällig?

Zu den gefährlichsten Ecken Prenzlauer Bergs und ganz Berlins gehört die Kreuzung der Schönhauser Allee mit der Bornholmer und Wisbyer Straße. Insgesamt 29 Unfälle haben sich hier im vergangenen Jahr ereignet, bei denen 39 Personen leicht und vier schwer verletzt wurden. Umbaupläne gibt es nach Angaben des für Verkehr zuständigen Stadtrats Jens-Holger Kirchner (Grüne) längst. „Schon seit zwei Jahren soll die Kreuzung umgebaut werden. Bisher wurde das aber immer wieder vertagt, zuletzt wegen der Sanierung des Viaduktes der U-Bahnlinie 2″, so Kirchner.

Für Wolfram Kempe (Linke), Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr, liegt die Gefahr vor allem in der Unübersichtlichkeit der verschieden Straßen und Wege. Da sich hier Fußgänger, Radfahrer, Straßenbahn und Autoverkehr kreuzten, sei die Kreuzung schwer zu überblicken, sagt er. Philipp Poll, Landesgeschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) Berlin, betont, dass dies ein generelles Problem großer Kreuzungen sei. „Besonders gefährlich wird es, wenn mehrere Spuren in eine Richtung abbiegen und sich dabei die Radspur und Fußgängerüberwege schneiden“, so Poll. In der Hauptverkehrszeit seien die Radwege für die vielen Radfahrer an solchen Kreuzungen zudem oft zu schmal.

 

Unachtsamkeit und Übermüdung führen schnell zu gefährlichen Situationen

 

Eine weitere Gefahr – vor allem für Radfahrer und Fußgänger – ist laut Poll die erhöhte Anzahl von LKWs auf den Hauptverkehrsstraßen. Unachtsamkeit und Übermüdung der Fahrer sowie die verlängerten Bremswege führten schnell zu gefährlichen Situationen. „Häufig wird Radfahrern von den abbiegenden Lastern die Vorfahrt genommen, dabei kommt es schnell zu einem Unfall“, so der Verkehrsexperte. In solchen Fällen könnte eine an den LKWs angebrachte sensorische Warntechnik vor Unfällen schützen. Zudem würden vorgezogene Aufstellflächen, bei denen die Radler an Kreuzungen auf einem abgetrennten Bereich vor dem restlichen Verkehr stehen, für mehr Sicherheit sorgen. „Die Radfahrer warten dadurch nicht mehr neben den Autos, sondern davor, und können so besser gesehen werden“, sagt Verkehrsstadtrat Kirchner. Poll spricht so darüber hinaus auch für das Einrichten einer Geradeausfahrspur für Radfahrer aus, die sich links von den Rechtsabbiegern befindet.

Zu den berlinweit für Fahrradfahrer gefährlichsten Ecken gehörten im vergangenen Jahr die Kreuzung der Prenzlauer Allee mit der Mollstraße und die der Schönhauser Allee mit der Torstraße. Aber auch an anderen Stellen wird es schnell gefährlich, sobald sich zwei große Straßen kreuzen. An der Danziger Straße, Ecke Prenzlauer Allee etwa gab es nach Angaben der Polizei 14 Unfälle, bei denen Personen verletzt wurden. An der Kreuzung Ostseestraße/Prenzlauer Allee waren es sogar 19. Nicht mehr zu den größten Unfallschwerpunkten gehört hingegen die Kreuzung der Danziger Straße mit der Schönhauser Allee. Hier zeigen sich die Ergebnisse des sukzessiven Umbaus, wodurch die Fußgänger und Radfahrer schneller über die Straße geführt werden. „Die Rad- und Fußwege sind nun deutlich kürzer und attraktiver“, sagt Stadtrat Kirchner. Das Risko für Unfälle kann demnach durch Umbaumaßnahmen wirklich gesenkt werden.

 

Ein Umbau der Pappelallee und Tempo-30 würden für mehr Sicherheit sorgen

 

Mit der schrittweisen Umgestaltung wurde im vergangenen Jahr auch in der Kastanienallee begonnen. Neben der Erneuerung der Fahrbahn soll hier beispielsweise auch ein Angebotsstreifen für Radfahrer entstehen. „Um Unfälle zu vermeiden, soll dieser parallel zu den Straßenbahngleisen liegen und nicht wie bisher dazwischen“ sagt Kirchner. Auch Philipp Poll vom ADFC zeigt sich zufrieden mit den Plänen, die durchaus umstritten waren. „Der Bezirk hat in Zusammenarbeit mit den Rad-, Fuß- und Umweltverbänden einen sehr guten Plan zum fahrradfreundlichen Umbau der Kastanienallee erarbeitet“, so Poll. Oft würde die Zahl der Radfahrer die der Autos übersteigen, fügt er hinzu. „Leider boten die Seitenräume bislang keinen Platz für den Radverkehr. Deshalb wurde vor einiger Zeit das Radfahren zwischen den Tramschienen erlaubt“, sagt Poll. Das sei aber nicht nur gefährlich, sondern führe immer wieder zu Konflikten mit den Trams.

Ahnlich stellt sich die Situation in der Pappelallee und Stahlheimer Straße dar. Auch hier ist das Radverkehrsaufkommen nach Angaben von Philipp Poll überdurchschnittlich hoch. Da sich die Radler den Raum mit der Tram und den Autos teilen müssten, sei diese Straße für sie besonders gefährlich. „Wenn von parkenden Fahrzeugen Türen geöffnet werden, können Radfahrer beim Ausweichen leicht in die Tramschienen geraten. Dabei ist ein Sturz in der Regel unvermeidlich“, so Poll. Seiner Meinung nach bietet sich hier ein Umbau wie in der Kastanienallee an. „Außerdem würde hier Tempo-30 für mehr Sicherheit sorgen, da sich damit Bremswege verkürzen und die Geschwindigkeit von Radfahrern, Tram und Autos annähern.“

 

Der Umbau des Rad- und Fußweges in der Schönhauser Allee wurde beantragt

 

Auch an Tramhaltestellen kommt es oft zu Unfällen zwischen Fußgängern und Radfahrern. Um diesen künftig vorzubeugen und dem steigenden Radverkehr und den daraus resultierenden Konflikten mit Autofahrern und Fußgängern zu begegnen, hat die SPD den Umbau des Rad- und Fußweges in der Schönhauser Allee zwischen Danziger und Bornholmer Straße beantragt. Um Fußgänger und Radfahrer deutlicher voneinander zu trennen, sollten die Haltestellen der Tramlinie M1 zudem unter das U-Bahn-Viadukt gebaut werden, sagt Wolfram Kempe (Linke), Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr. „Dafür sind aber andere Fahrzeuge, sogenannte Zweirichtungswagen, nötig. Hier befinden sich die Türen an beiden Seiten der Straßenbahn.“

Auch die sogenannte Seitenlage der Tram in der Greifswalder Straße, südlich der Danziger Straße, führt laut Stadtrat Kirchner immer wieder zu Unfällen mit Straßenbahnbeteiligung. Hier liegen die Tramgleise direkt an der Straße. Somit muss ein Passant Straße und Tramgleise in einem Zug überqueren, da es zwischen beiden keine Wartemöglichkeit gibt. „Die Fußgänger konzentrieren sich hier oftmals nur auf den Autoverkehr und nicht auf die Straßenbahn“, sagt Kirchner. Klaus Wazlak, Pressesprecher der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), bestätigt auf Anfrage, dass aus diesem Grund im Juli dieses Jahres auch der Gleisbereich zwischen der Haltestelle „Am Friedrichshain“ bis einschließlich des Überweges an der Heinrich-Roller-Straße umgebaut werde. „Geplant ist, zwischen den Gleisen und der jeweiligen Fahrbahn eine ausreichend große Fläche zu schaffen, damit die Fußgänger einen sicheren Platz haben, um sich auf den Verkehr zu konzentrieren. Insgesamt werden circa 300 Meter Gleis erneuert.“

 

Gefährlichste Straßen und Kreuzungen Prenzlauer Bergs:

* Kreuzung Ostseestraße/Prenzlauer Allee/Wisbyer Straße: 19 Verkehrsunfälle mit Personenschäden

* Danziger Straße/Prenzlauer Allee: 14 Verkehrsunfälle mit Personenschäden

* Schönhauser Allee: 36 Verkehrsunfälle mit Personenschäden

* Prenzlauer Allee: 22 Verkehrsunfälle mit Personenschäden

* Schönhauser Allee: 33 Verkehrsunfälle mit Radfahrerbeteiligung

* Storkower Straße: 15 Verkehrsunfälle mit Radfahrerbeteiligung

* Kreuzung Greifswalder Straße/Grellstraße/Naugarder Straße/Storkower Straße: 11 Verkehrsunfälle mit Radfahrerbeteiligung

* Kreuzung Schönhauser Allee/Wisbyer Straße/Bornholmer Straße: 29 Unfälle, 39 Leichtverletzte, 4 Schwerverletzte

* Kreuzung Torstraße/Mollstraße/Prenzlauer Allee/ Karl-Liebknecht-Straße: Verkehrsunfallschwerpunkt für Radfahrer: 14 beteiligte Radfahrer, 7 Leichtverletzte

* Kreuzung Torstraße/Alte Schönhauser Straße/Schönhauser Allee/Rosa-Luxemburg-Straße: Verkehrsunfallschwerpunkt für Radfahrer: 15 beteiligte Radfahrer, 10 Leichtverletzte

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