Kaum noch Alte im Kiez: Seniorentreff „Herbstlaube“ ist pleite

von Redaktion der Prenzlauer Berg Nachrichten 10. Mai 2011

Die „Herbstlaube“ in der Dunckerstraße ist eine Institution aus Wendetagen. Hier können alte Menschen Zeit verbringen. Doch in Prenzlauer Berg gibt es davon nur noch wenige. Das hat Folgen.

Im Januar feierte der Verein „Miteinander-Füreinander“ sein 20-jähriges Jubiläum. Nur vier Monate später kam jetzt die böse Überraschung: Der Verein muss Insolvenz anmelden, wie die für Soziales zuständige Bezirksstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD) den Prenzlauer Berg Nachrichten bestätigt hat. Am morgigen Mittwoch soll ein Gespräch, an dem die Verantwortlichen des Vereins und ein Vertreter des Sozialamts beteiligt sind, Klarheit bringen, wie es weitergeht.

„Miteinander-Füreinander“ betreibt mehrere Einrichtungen in der Dunckerstraße 77, unter anderem die Seniorenfreizeitstätte „Herbstlaube“, die Werkstatt „Fuchsbau“, eine Galerie und die Dauerausstellung „Zimmermeister Brunzel baut ein Mietshaus“, in der anhand einer Musterwohnung gezeigt wird, wie man um 1900 in Berliner Mietskasernen wohnte.

 

Alte Menschen sollen in andere Einrichtungen ausweichen

 

Mehrere Dutzend Senioren aus Prenzlauer Berg haben bisher die Angebote des Vereins genutzt. Sie richten sich an alte Menschen, die in der eigenen Wohnung leben und Aktivitäten in der Gemeinschaft suchen. „Wir haben sehr spät erfahren, dass es Probleme gibt“, sagt Zürn-Kasztantowicz. Insbesondere die „Herbstlaube“ könnte durch die Insolvenz in einen Teufelskreis geraten: Bisher erhielt sie rund 40.000 Euro Förderung pro Jahr durch den Bezirk, aber die öffentliche Hand darf an Einrichtungen, die sich in der Insolvenz befinden, keine Zuschüsse mehr auszahlen.

„Uns sind die Hände gebunden“, sagt die Stadträtin. Der Verein sei sehr verzweigt, geklärt werde müsse jetzt, ob man in kleinerem Umfang ein Seniorenprojekt weiterführen könne. Innerhalb des Vereins hat es bereits Kündigungen gegeben. Kurzfristig biete man den alten Menschen an, in Einrichtungen des Bezirks auszuweichen, sagt Zürn-Kasztantowicz.

 

Folge der Stadtsanierung in den 90ern

 

Katharina Lieben-Obholzer, die Vorstandsvorsitzende des Vereins, war am Montag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Auf der Webseite des Vereins findet sich der Hinweis, dass die „Herbstlaube“ in einer „schweren finanziellen Krise“ stecke. Dabei wird unter anderem auf die Folgen von Betriebskostenerhöhungen verwiesen. Aus dem Umfeld des Vereins ist zu hören, dass zu spät auf die Folgen des Wandels in Prenzlauer Berg reagiert worden sei. Außer mit öffentlichen Zuschüssen hat der Verein seine Ausgaben bisher auch aus Eigenbeiträgen der Senioren bestritten. Aus dem Straßenbild rund um den Helmholtzplatz sind Menschen im Rentenalter aber schon seit Jahren weitgehend verschwunden – unter anderem eine Folge der Stadtsanierung in den 90er Jahren. Man habe schon früher ein neues Konzept, zum Beispiel das eines Mehrgenerationentreffpunkts, entwickeln müssen, ist nun zu hören.

Die „Herbstlaube“ ist eine Institution, deren Entstehung eng mit der Wende 1989/90 verbunden ist. Karin Ehrlich, bis heute Geschäftsführerin des Vereins, gab damals den Anstoß. Zusammen mit einigen älteren Menschen besetzte sie in den ersten Wendetagen das ehemalige Büro der Nationalen Front in der Dunckerstraße, es entstand das erste ABM-Projekt im Osten Berlins. Die Senioren blieben dabei nicht nur unter sich, häufig waren auch Kita- und Schülergruppen zu Gast in der „Herbstlaube“. Dieser Kontakt zu den Alten wird nun wohl fehlen.

 

 

 



Das könnte Dich auch interessieren

Hinterlasse einen Kommentar