Puppentheater zeigt das Leben

von Ute Zauft 19. Juni 2012

Die Schaubude Berlin ist das einzige Gastspieltheater der Stadt, in dem regelmäßig Puppen im Mittelpunkt stehen. Der Studiengang Puppenspielkunst der Schauspielschule „Ernst Busch“ feiert auch dort seinen 40. Geburtstag.

Shakespeare funktioniert mit Puppen wunderbar, Monologe sind dagegen eine Herausforderung. Hier muss sich der Puppenspieler schon Einiges einfallen lassen, damit die Zuschauer in Gedanken nicht abschweifen. Der Tod wiederum ist beim Spiel mit den Puppen außergewöhnlich einfach darzustellen. Und doch: ohne die Vorstellungskraft der Zuschauer geht nichts, wenn die Handpuppe plötzlich einknickt und unter die Spielleiste sackt.

Puppentheater – das wird meist mit Stücken für Kinder assoziiert. Doch das zeitgenössische Puppentheater hat mehr zu bieten als Kasper und den bösen Wolf. An der Schaubude Berlin ist das Verhältnis fünf zu drei: Fünf Vorstellungen pro Woche für Kinder, drei für Erwachsene, und das mit beständig wechselnden Inszenierungen. Die Schaubude beherbergte einst das größte Puppenspieler-Ensemble im deutschsprachigen Raum, heute ist sie die wohl wichtigste Spielstätte für freie Puppenspieler-Ensembles in der Stadt und deutschlandweit allein mit ihrem Stuttgarter Pendant FITZ zu vergleichen. Unter der künstlerischen Leitung von Silvia Brendenal wird an der Schaubude die Vielfalt des Spiels mit den Dingen gezeigt – von klassischen bis experimentellen Inszenierungen.

 

Von Puppen- bis Objekttheater

 

Die Zauber des Puppentheaters liegt darin, dass eigentlich unbelebte Dinge scheinbar lebendig auf der Bühne agieren. Die Zuschauer werden quasi zum mit-Fabulieren eingeladen, ohne ihre Phantasie läuft das Spiel ins Leere. Diese Faszination stellt sich ein, sobald ein Darsteller die Handpuppe überstreift, einer Ganzkörperpuppe in Kopf und Arme greift oder die Fäden einer Marionette spannt. Aber auch, wenn der Objekttheaterkünstler einen Schwamm auf der Bühne mit Bedeutung auflädt und anschließend durch den Raum schleudert. Puppen, Figuren, Objekte, so beschreibt die Schaubude ihr Programm und umreißt damit in einem Schlenker die Unterschiede und Möglichkeiten des Genres. „Puppentheater“ heißt es traditionell im Osten des Landes,  “Figurentheater“ im Westen und eine neuere Entwicklung ist das „Objekttheater“, in dem keine Puppen oder Figuren, sondern unterschiedlichste Objekte auf der Bühne animiert werden.

„Die eigentliche Kraft der Puppe besteht darin, dass sie kein Mensch ist, aber den Menschen umso besser darstellen kann.“ An dieses Zitat ihrer einstigen Professorin kann sich Melanie Sowa noch gut erinnern und findet es bis heute treffend. Die 40-Jährige kam zum Studium der Puppenspielkunst nach Prenzlauer Berg und ist geblieben. Ihre Faszination am Puppenspiel? „Die Symbiose aus darstellender und bildender Kunst“, so ihre Antwort. Puppenspieler sind Darsteller, nicht nur mittels ihrer Puppen, sondern – im Falle der offenen Spielweise – auch mit ihrer eigenen Präsenz auf der Bühne. Gleichzeitig sind die Puppen an sich ein Kunstwerk; bleibender als beim flüchtigen Spiel des menschlichen Darstellers.

 

Puppenspieler sind Theatermacher

 

Seit ihrem Abschluss an der Hochschule ist Melanie Sowa freischaffende Puppenspielerin, Puppenbauerin und seit 2009 auch Professorin an ihrer Heimat-Hochschule Ernst Busch. „Puppenspieler sind nicht einfach nur Puppenspieler, sie sind Theatermacher“, sagt sie. Das spätere Berufsbild reicht von Puppenspieler, über Autor und Regisseur bis hin zum Ausstatter. Die Puppenpiel-Szene ist voller kleiner freier Ensembles, die bisweilen einen nicht immer einfachen Überlebenskampf führen und oft genug aus pragmatischen Gründen ihren Schwerpunkt auf Stücke für Kinder legen. Doch seit einiger Zeit gibt es einen neuen Trend. „Mehr und mehr tauchen auch auf den Bühnen der großen Häuser Puppen auf“, sagt Melanie Sowa und zählt die Volksbühne, das Berliner Ensemble, das Deutsche Theater und andere auf.

Im Juni dieses Jahres feiert der Studiengang Puppenspielkunst an der „Ernst Busch“ seinen 40. Geburtstag, und aus diesem Anlass sind vom 22. bis 24. Juni 2012 in der Schaubude Berlin aktuelle Produktionen der Jahrgänge zu sehen: Prometheus begibt sich auf eine Reise in die Zukunft, eine neue Generation Rotkäppchen lässt sich aus Lust am Risiko vom „echten, bösen Wolf“ verschlucken, und in der Geschichte eines kleinen Jungen stellen sich all die wichtigen Fragen rund um Leben und Tod.

René Marik ist übrigens einer der Puppenspieler, der mit einem nuschelnden Maulwurf große Hallen füllt. Auch er ist Absolvent der Ernst Busch und wird am Samstag zur Geburtstagsfeier an den Hochschulstandorts in der Parkaue kommen – vermutlich mit seinem Maulwurf.

 

Schaubude Berlin, Greifswalder Str. 81-84, Tel: 4 23 43 14

22. Juni 2012, 20 Uhr: Prometheus!

23. Juni 2012, 20 Uhr: Cirque du Slay – Die Frau im Wolfsmagen

24. Juni 2012, 20 Uhr: Die Meerjungfrau in der Badewanne

Tickets: 9,50 € / ermäßigt 6,- €

 

Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch, Parkaue 25

Unter dem Titel funktion: mensch feiert die HfS Ernst Busch natürlich auch an ihrem Standort in der Parkaue. Auf dem Programm stehen Podiumsdiskussionen, Inszenierungen von Studenten und Absolventen und eine Offene Bühne, unter anderem mit Rainald Grebe, Réne Marik und Rike Schubert.

 Programm unter: www.hfs-berlin.de

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